Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Von emsigen Robotern, verborgenen Gesprächen und dem rechten Streben

Spoiler-Alarm!

Dieser Artikel enthält Spoiler zur Doctor-Who-Episode „Das Mädchen im Kamin“ (NW S02E04) und zum Musical „Hamilton“

Vor eine besondere Herausforderung stellen mich die Themen, die ich in der aktuellen Runde des trimagischen Turniers zugelost bekommen habe. Da wäre zum einen der Ohrwurm „The Room Where It Happens“ aus dem Musical Hamilton, zum anderen die großartige Doctor-Who-Folge „Das Mädchen im Kamin“ und zu guter Letzt ein Teil des sechsten Kapitels des ersten Timotheusbriefes, das nach den Überschriften in der Einheitsübersetzung eine „Warnung vor Irrlehrern und vor Geldgier“ und „Mahnungen an Timotheus“ enthält und „Vom rechten Gebrauch des Reichtums“ handelt. Hier Zusammenhänge herauszuarbeiten, ist nicht besonders intuitiv. Ein Thema, welches sich mehr oder weniger deutlich in allen drei Geschichten finden lässt, ist das Streben.

Das Streben nach einem Vermächtnis

Zu Beginn des Songs „The Room Where It Happens“ berichtet Aaron Burr davon, dass eine Straße nach einem gewissen General Mercer benannt würde, womit dessen Vermächtnis gesichert sei. Alles was er dafür habe tun müssen, ist zu sterben. Hamilton kommentiert dies mit der Bemerkung, dass das viel weniger Arbeit sei. Beiden ist ihr Vermächtnis sehr wichtig. Hamilton will sich eines aufbauen, während Burr das seiner verstorbenen Eltern bewahren will („When they died they left no instructions, just a legacy to protect“ Wait For It). Im weiteren Verlauf des Songs versucht Hamilton sein Vermächtnis dadurch zu begründen, dass er ein neues Finanzsystem für die jungen Vereinigten Staaten erschaffen will, welches ihn überlebt (was ihm auch gelingen soll). Dafür einigt er sich mit seinen Kontrahenten Thomas Jefferson und James Madison auf einen Kompromiss, der ihm die Möglichkeit gibt, das Finanzsystem zu gestalten, und Jefferson und Madison, die aus Virginia stammen, die Hauptstadt für ihren Bundesstaat einbringt. Die vier Beteiligten Figuren streben allesamt nach etwas: Burr strebt nach politischer Anerkennung und danach im Raum dabei zu sein, wo es passiert, Hamilton, strebt nach einem Vermächtnis, welches ihn überdauert, Jefferson würde gerne seinen Arbeitsplatz näher an seinem Wohnort haben und Madison, will einen Sieg für seinen Heimatstaat Virginia erringen.

Bild des Kapitols bei Nacht. Jefferson und Madison Streben danach die Hauptstadt und damit das Kapitol nach Virginia zu bringen.
Photo by Cameron Smith on Unsplash

Das rechte Streben im Timotheusbrief

Auch im Timotheusbrief geht es um das Streben, insbesondere um das Streben nach einem Vermächtnis. So heißt es in Vers 7f.: „Denn wir haben nichts in die Welt mitgebracht und wir können auch nichts aus ihr mitnehmen. Wenn wir Nahrung und Kleidung haben soll uns das genügen.“ Auf den ersten Blick und ohne den Kontext, scheinen die beiden Verse es für unsinnig zu erklären nach etwas zu Streben und erst recht nach einem Vermächtnis, denn was wir im Leben erringen, werden wir nicht ins ewige Leben mitnehmen können. Besonders das Streben nach Reichtum, die Habsucht, wird im Folgenden zur Quelle allen Übels erklärt.

Denn die Wurzel aller Übel ist die Habsucht. Nicht wenige, die ihr verfielen, sind vom Glauben abgeirrt und haben sich viele Qualen bereitet.

1 Tim 6,10

Schon kurz darauf folgt aber eine Aufforderung, die das Ganze in ein etwas anderes Licht rückt. In Vers 11f. heißt es: „Strebe vielmehr nach Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Sanftmut! Kämpfe den guten Kampf des Glaubens […]!“ Es ist also nicht grundsätzlich falsch nach etwas zu streben, es sei denn nach den falschen Dingen. Das persönliche Streben, welches sich aus Motiven speist, die nur das eigene Wohlergehen, den eigenen Ruhm oder den eigenen Reichtum im Blick haben, wird als falsch bezeichnet. Wenn man dagegen bei seinem Streben vor allem die Anderen im Blick hat, dann ist es ein rechtes Streben.

landscape photography of person's hand in front of sun
Photo by Marc-Olivier Jodoin on Unsplash

Das planlose Streben nach Erfüllung

In der Folge „Das Mädchen im Kamin“ geht es darum, dass eine Gruppe von Reparatur-Androiden, die durch ein Uhrwerk angetrieben werden, versuchen ihr havariertes Schiff zu reparieren und damit ihren Auftrag zu erfüllen. Auf die Erfüllung dieses Auftrags sind sie so versessen, dass sie in Ermangelung anderer Ersatzteile die gesamte Crew des Schiffes töten und deren Körperteile und Organe zur Reparatur einsetzen. Letztlich fehlt ihnen nur noch ein Gehirn als Kommandozentrale des Schiffs. In ihrem Tunnelblick meinen die Androiden, dass das einzige kompatible Gehirn dasjenige der Namensgeberin des Schiffs, Reinette Poisson alias Madame de Pompadour, sei. Und sie wenden sehr viel Energie auf, um ein Loch ins Universum bohren zu können und so an Reinette heranzukommen. Es gelingt dem Doktor allerdings sie aufzuhalten, wofür er jedoch beinahe den Preis bezahlt, nie wieder oder zumindest eine sehr lange Zeit nicht mehr zur TARDIS und zu Rose zu gelangen.

gold and silver round accessory
Photo by Laura Ockel on Unsplash

Die Androiden streben nur danach ihren Auftrag zu erfüllen. Sie sind so darauf fokussiert, dass sie nicht abwägen können. Sie gehen über Leichen, wenden eine ungeheure Menge an Energie auf und das alles nur, um nicht zu versagen. Letztlich blicken sie dabei nur auf sich. Sie sehen weder die Crewmitglieder, die sie töten, noch Reinette, deren Leben sie ebenfalls bedrohen. Sicherlich kann man die Schuld auf ihre Programmierung schieben, doch letztlich ist ihr Streben vollkommen fehlgeleitet, weil es gewissermaßen nur nach innen blickt und nicht nach außen auf die Anderen.

Der Doktor hingegen gibt ein gutes Beispiel für rechtes Streben ab, wie es der Timotheusbrief postuliert. Er kümmert sich nicht um seine eigenen Belange, schaut nicht auf irgendeinen Gewinn oder auf die Konsequenzen, die sein Handeln für ihn haben kann. Er blickt nur auf die Anderen, nur auf Reinette, die er als junges Mädchen kennenlernt, die ihm vertraut und ihn liebt und die er beschützt. Wonach der Doktor strebt ist vielleicht nur sehr schwer zu benennen, aber dass es sich um rechtes Streben handelt ist nur schwer zu bezweifeln.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert