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Es wär‘ lustig, wenn wir uns beide vertan hätten, hm?

Spoiler-Alarm!

Dieser Beitrag enthält Spoiler zu der ersten Staffel von Good Omens.

Früher als am Anfang kann man eine Geschichte eigentlich gar nicht beginnen lassen. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass das, was Erziraphael und Crowley verbindet, bereits länger andauert, als alles uns bekannte. Und das, wo es zwischen den beiden doch eigentlich gar keine „Verbindung“ geben sollte! Sie sollten Erzfeinde sein, denn immerhin ist Crowley ein Dämon und Erziraphael ein Engel. Doch eine tatsächlich biblische Angelegenheit führte sie zusammen, eine Angelegenheit, die mit nichts geringerem als einem ganz bestimmten Apfel und einem flammenden Schwert zu tun hat.

Wie es der Zufall so will, ist Crowley genau der Dämon, der kaum sieben Tage nach der Schöpfung der Welt hinauf in den Garden Eden geschickt worden war, um für etwas Chaos zu sorgen. Und was bietet sich dazu besser an, als Eva einen Apfel von einem Baum anzubieten, von dem es von Gott persönlich verboten worden war, zu essen? Nach der Verbannung Adams und Evas machte Erziraphael, der damalige Engel des östlichen Tores, den beiden ohne Gottes Wissen (?) ein Geschenk: Er übergab ihnen sein flammendes Schwert, damit sie nicht schutzlos in der Welt dort draußen sein würden.

Kaum außerhalb des Gartens werden die beiden von dem Engel beobachtet wie sie sich ihren Weg durch die Wüste bahnen, während das erste Gewitter der Welt aufzuziehen droht. Doch Erziraphael bleibt an seinem Platz auf den Mauern Edens nicht lange allein, Crowley gesellt sich zu ihm. Und während sie so beobachten wie die ersten Menschen von dannen ziehen – sehen sie auch, wie Adam kaum 5 Minuten später sein Schwert gegen einen wilden Löwen erhebt. Der Anblick ist im Hinblick auf die Art und Weise, wie Menschen sich in der Welt da draußen entwickeln werden, ein wenig… beunruhigend. Das bringt Crowley dazu, zu überlegen, was die beiden da entfesselt haben:

„Es wär‘ lustig, wenn wir uns beide vertan hätten, hm? Ich hätte das Gute und du das Böse getan.“

Crowley und Erziraphael am Anfang im Garten Eden.

Sowohl Crowley als auch Erziraphael haben ihrem Gefühl nach gehandelt. Crowley hielt es für das richtige (im Sinne seines Wesens als Dämon), den Menschen den Apfel zu geben. Immanuel Kant hat das Essen des Apfels vom Baum der Erkenntnis als den Ursprung der Vernunft gedeutet. Diese geht zweifelsohne Hand in Hand mit dem freien Willen, spätestens in der zweiten Folge bestätigt Crowley das ausdrücklich. Natürlich hat Crowley mit diesem Apfel für ein nicht unerhebliches Maß an Chaos gesorgt, doch was, wenn das ultimative Ergebnis seiner Handlung gut war?

Seinen Vorgesetzten würde das sicherlich ganz und gar nicht gefallen. Möglicherweise war es ja auch nur ein „unglücklicher Zufall“, dass Crowleys Handlung nicht von schrecklichen Konsequenzen gekennzeichnet war (naja, vielleicht liegt auch das im Auge des*der Betrachters*Betrachterin). Vielleicht liegt es auch einfach nicht in der Natur Crowleys, böse zu sein. Immerhin sagt er selbst, dass er nie ein gefallener Engel werden wollte, sondern eher mit den falschen Leuten Umgang hatte. Sicherlich spricht dafür auch, dass er im Laufe der gesamten Erdgeschichte kaum etwas schrecklicheres getan hat, als Handynetze lahmzulegen. Seine dämonischen Kolleg*innen hingegen amüsieren sich deutlich lieber über echte Morde oder Verführungen zum Bösen.

Erziraphaels Impuls, den Menschen sein Schwert zu übergeben, ist jedenfalls auch bestenfalls ambivalent. Hat der Engel dadurch den Anfang des Krieges herbeigeführt? Dafür spricht sicherlich, dass genau dieses Schwert die apokalyptische Reiterin des Krieges führen wird, als es beinahe zum Ende der Welt kommt. Trotzdem hat Erziraphael nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, er wollte die Menschen, die ihm schon da ans Herz gewachsen sind, beschützen. Aber hätte Gott seine Schöpfung überhaupt in Lebensgefahr gebracht? Erziraphael muss das geglaubt haben.

Erziraphael ist prinzipiell bei allen Dingen, die mit schwierigen Fragen und Situationen zu tun haben – wie auch auf damals, am Anfang der Schöpfung – schnell versucht, den unerfindlichen Plan Gottes als „Lösung“ anzuführen. Nun, mal abgesehen davon, ob es so ist oder nicht, es ist eher eine Ausrede als eine Lösung. Ist es der Plan Gottes, dass das alles passiert, kann man die Verantwortung natürlich von sich weisen. Es stellt außerdem den freien Willen aller anderen Geschöpfe, auch Erziraphaels und Crowleys, infrage. Obwohl der Gedanke vielleicht verlockend scheint, scheint eine Welt, in der wir nichts von Bedeutung tun können, doch wenig wünschenswert.

Letztendlich könnte das der Grund sein, warum der Engel und der Dämon schließlich zusammenarbeiten, um die Welt zu retten. Sie ignorieren das, was eigentlich im Himmel und in der Hölle als Plan Gottes verstanden worden war – die Zerstörung der Welt im Jahre des Herrn 2018 – und retten die Erde, die sie lieben und als schützenswert erachten und wählen somit ihre eigene Seite, abseits von Himmel und Hölle.

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