Spoiler-Alarm!
Dieser Artikel enthält Spoiler zu Doctor Who (ab Staffel 8), Rogue One: A Star Wars Story und zahlreichen Verfilmungen der Aschenputtel/Cinderella-Story.
Ich habe bei diesem Trimagischen Turnier in der Kategorie des Märchens „Aschenputtel„, bei den Charakteren aus Star Wars „Chirrut Îmwe“ (aus Rogue One: A Star Wars Story) und als Doctor den Zwölften und damit meinen absoluten Lieblingsdoctor zugelost bekommen. Zugleich Segen und Fluch, denn ich finde diese Regeneration des grandiosen Verrückten in der blauen Kiste so großartig, dass es mir schwerfällt hier zum einen etwas herauszupicken und zum anderen Bezüge zu anderen Figuren oder Geschichten herzustellen. Wie gut mein Versuch gelungen ist, darf der*die geneigte Leser*in dann selbst entscheiden.
Fehlende Güte
Beginnen möchte ich mit Aschenputtel (oder Aschenbrödel, Cinderella, Cendrillon). Ein bekanntes Märchen, nicht erst seit zahlreichen Verfilmungen. Das Setting (zumindest in einer der vielen Versionen) sollte jeder*m bekannt sein, deswegen umreiße ich es nur kurz. Die erste Tochter eines Edelmanns hat es nach dem Tod ihrer Mutter und der Neuvermählung ihres Vaters schwer, da sowohl die Stiefmutter, als auch deren beiden in die Ehe mitgebrachten Töchter, es nicht sonderlich gut meinen mit dem Mädchen. Es muss im Dreck neben dem Kamin schlafen (daher sein nicht besonders rühmlicher Spitzname) und wird von ihren Stiefschwestern wie eben jener behandelt. Das entscheidende Ereignis ist nun ein königlicher Ball. Mit Hilfe von Tauben kann Aschenputtel die ihm zugedachten Aufgaben schnell erledigen und durch einen magischen Wunschbaum auf dem Grab ihrer Mutter oder eine gute Fee (je nach Version) kann sie als wunderschöne Prinzessin zum Ball gehen, auf dem sich der Prinz augenblicklich in sie verliebt. Aschenputtel muss aber vor Mitternacht zu Hause sein und so bleibt nur ihr Schuh zurück. Dieser dient dem Prinzen nun als Identifikationsmerkmal für seine künftige Braut und da scheinbar alle anderen Damen im Königreich sehr große oder Aschenputtel extrem kleine Füße hat, kann sie trotz ihrer Unscheinbarkeit erkannt werden und die Stiefschwestern hacken sich ganz umsonst Ferse und großen Zeh ab.
Man könnte nun überlegen, welche Lehren man aus dieser Geschichte ziehen kann und käme hoffentlich zu anderen Ergebnissen als, dass man nur schöne Kleider und eine prächtige Kutsche braucht, damit ein Prinz sich unsterblich in einen verliebt bzw. das Prinzen nur darauf achten, wer das schönste Kleid und die tollste Kutsche hat (und diejenige dann auch ohne das alles partout nicht mehr erkennen). Ich möchte mein Augenmerk hier aber einmal auf die Stieffamilie der Protagonistin richten. Sie macht sicherlich keinen guten Eindruck in der Geschichte. Sie ist gemein zu Aschenputtel und gönnt ihr nichts. Sie gibt ihr fiese Aufgaben, die sie davon abhalten sollen am Ball teilzunehmen. Sie schwankt in meinen Augen zwischen grundloser Gemeinheit (denn was hat ihnen Aschenputtel getan?) und grenzenlosem Egozentrismus. Nun gibt es zwei verschiedene Enden für die Stiefschwestern. Bei den Gebrüdern Grimm erhalten sie am Ende ihre „gerechte“ Strafe und die Tauben picken ihnen die Augen aus. In der älteren französischen Version von Perrault, verzeiht ihnen Aschenputtel und sie bekommen selbst einen adeligen Ehemann. Letztere Version gefällt mir deutlich besser, denn das was die Stiefschwestern an Güte gegenüber Aschenputtel vermissen lassen, holt diese doppelt wieder raus in dem sie nicht nachtragend ist, sondern gütig vergibt.
Güte als Imperativ des Doktors
Das Stichwort Güte soll auch über meinen Ausführungen zum zwölften Doktor stehen, denn es ist zwar nicht das einzige mit dem man diese Regeneration überschreiben könnte, aber eines der zentralsten. Dies zeigt sich schon bei der gewählten Gestalt. Als er sie das erste Mal sieht, erinnert er sich zwar dunkel und weiß, dass sie etwas zu bedeuten haben muss (Deep Breath – NW 08×01), was dies ist wird ihm aber erst deutlich später klar (The Girl Who Died – NW 09×05): Er ist der Doktor und deswegen gilt es manchmal jemanden zu retten, egal was dagegen spricht. Denn als allererstes muss man gütig sein. Besonders eindringlich wird dies in den letzten Worten des Zwölften Doktors ausgedrückt, die mir immer noch eine Gänsehaut bereiten, wenn ich sie lese oder höre:
You wait a moment, Doctor. Let’s get it right. I’ve got a few things to say to you. Basic stuff first. Never be cruel, never be cowardly, and never, ever eat pears! Remember, hate is always foolish. and love is always wise. Always try to be nice, but never fail to be kind. Oh, and you mustn’t tell anyone your name. No one would understand it, anyway. Except, ah! (collapses) Except children. Children can hear it sometimes. If their hearts are in the right place, and the stars are too, children can hear your name. Argh! But nobody else. Nobody else, ever. Laugh hard, run fast, be kind. Doctor, I let you go.
Der zwölfte Doktor, Twice Upon A Time – NW Special 2017 (zitiert aus dem Transcript, Hervorhebungen durch mich)
Über diese Worte, die Anleitung zum Doktor-Sein, ließe sich so vieles schreiben, aber ich will mich hier auf die Güte (auch wenn andere Übersetzungen möglich wären, hat man sich dafür entschieden kind mit gütig zu übersetzen, was ich großartig finde) konzentrieren. Diese Güte legt der Doktor immer wieder an den Tag. Wenn er anderen Menschen hilft, sich für die Schwachen einsetzt und nicht zuletzt, wenn er Clara ihren Verrat verzeiht (Dark Water – NW 08×11). Diese Güte ist grenzenlos, eben weil sie über Grenzen hinausgeht, wie als der Doktor Ashildr rettet (The Girl Who Died – NW 09×05). Sie erinnert mich stark daran, wie ich mir Gottes Barmherzigkeit vorstelle (oder vielleicht stelle ich mir Gottes Barmherzigkeit auch so vor, wie ich die Güte des Doktors verstehe): Sie achtet nicht auf die Person, sie rettet wo Not ist und überwindet Grenzen. Und dennoch: sowohl Gottes Barmherzigkeit als auch die Güte des Doktors sind keine Automatismen, die sowieso einspringen und die man in irgendeiner Weise ausnutzen könnte. Denn der Doktor hat auch eine andere Seite, vielleicht eine dunklere, aber keineswegs gegensätzliche Seite. Diese Seite des Doktors könnte man als heiligen Zorn beschreiben. Ein Zorn, der sich gegen die richtet, die die Schwachen ausnutzen und sie schwach machen, die Leben nehmen, weil ihnen nichts daran liegt. Ein Zorn, der vor niemandem halt macht, nicht einmal vor dem Präsidenten seiner Heimatwelt (Hell Bent – NW 09×12). Aber dieser Zorn ist niemals grausam („never be cruel“ s.o.), weswegen ich ihn als heiligen Zorn beschreiben würde.
Ein Mönch, getrieben von heiligem Zorn
Nun bleibt noch einer übrig um das Triple vollzumachen und es tut mir jetzt schon leid, dass ich diese schöne Figur hier so hineinpressen muss und nur kurz behandeln werde. Es geht um Chirrut Îmwe, jenen machtsensitiven Mönch, dem Jyn Erso auf der Suche nach Saw Gerrera auf Jedha begegnet. Auch ihn möchte ich als jemanden mit heiligem Zorn charakterisieren, dem es ebenfalls sicher nicht an Güte fehlt, auch wenn sie sich nicht so oft und offensichtlich zeigt wie beim zwölften Doktor. Als machtsensitiver Mönch, lebt er in Einklang mit der Macht, die die Balance des gesamten Kosmos darstellt. Er hat den Kyber-Tempel auf Jedha bewacht, den das Imperium eingenommen und geplündert hat. Dies und die Zerstörung des Planeten durch den ersten Test des Todessterns, lassen ihn als Teil von Rogue One gegen das Imperium ins Feld ziehen. Getrieben wird er von heiligem Zorn, ausgelöst durch die Zerstörung von unschuldigem Leben und der Störung der Balance der Macht. Dennoch lässt ihn dies nicht in einen Blutrausch verfallen und in blind vor Wut werden, sondern er bleibt eins mit der Macht.
Wenn ich sie nicht bereits oben zitiert hätte, würde sich sie hier noch einmal als Schlusswort setzen, die letzten Worte des zwölften Doktors.