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Star Wars: Die Sache mit Anakins Jedi-Geist

Spoiler-Alarm!

Dieser Artikel enthält starke Spoiler zu Star Wars Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter und leichte Spoiler zu den Episoden III: Die Rache der Sith und IV: Eine neue Hoffnung.

Ob man es glaubt oder nicht, ich besitze noch einen VHS-Recorder. Ja, ein richtig echtes Abspielgerät für Video-Cassetten. Ich behüte ihn schon seit meiner Kindheit, denn: Nur auf VHS kann ich die Originaltrilogie von Star Wars noch so sehen, wie sie sein sollte. Dem*der aufmerksamen Zuschauer*in mag nämlich aufgefallen sein, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Kinofassung (welche auf VHS zu sehen ist) von 1983 und der DVD-Fassung ab 2004.

Wer am Ende von Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter aufgepasst hat, konnte nämlich miterleben, wie sich Anakin Skywalkers Jedi-Geist zu denen von Yoda und Obi-Wan Kenobi gesellt. In der ursprünglichen Fassung wird er dabei „verkörpert“ von dem damals 78-jährigen Schauspieler Sebastian Shaw, welcher zuvor nur in einer weitere Szene erschienen war: Als Luke seinem Vater – Darth Vader – den Helm abnahm, damit dieser ihn ein erstes und letztes Mal mit seinen eigenen Augen sehen konnte, unmittelbar bevor er starb. 2004 allerdings sah sein Geist dann plötzlich ganz anders aus. Plötzlich erschien als Anakin der deutlich jüngere Hayden Christensen, der unlängst bekannt geworden war durch diese Rolle in Episode II: Angriff der Klonkrieger! Aber warum?

Da ich, als der Film in den Kinos zu sehen war, noch nicht geboren war, war jene Video-Cassette mein erster Kontakt zum Star Wars-Universum, welches mich trotz einiger kreativer (Fehl-)Entscheidungen seither nicht losgelassen hat. Ich bin also groß geworden mit dem bösen Darth-Vader, dessen Geschichte von Obi-Wan Kenobi nur angedeutet wurde und der alles daran setzte, Luke zur dunklen Seite der Macht zu bekehren. Ich bin groß geworden mit dem selben Darth Vader, der hinterher seinen Meister hintergeht, um seinen Sohn zu retten, der irgendwie immer noch daran geglaubt hat, dass in seinem Vater auch noch etwas Gutes stecken musste. Ich fand seine Stärke bewundernswert. Umso glücklicher machte es mich, als er trotz allem Schrecken, den er verbreitet hatte, als Jedi-Geist zurückkehrte mit dem stummen Versprechen, dass er über Luke (und Leia) wachen würde. Als ich dann zum ersten Mal die neue Fassung zu sehen bekam, war ich schon einigermaßen entsetzt. Warum tauchte nun plötzlich dieser Jungspund auf, der noch nichts wusste von der Versuchung, der Dunkelheit und der inneren Kraft, diese zu überwinden?

Photo by Delaney Van on Unsplash

George Lucas führt für diese Entscheidung zwei Gründe an, der eine ist dabei rein praktischer Natur. Er wollte eine Verbindung schaffen zwischen den ursprünglichen Episoden, die einen Kultstatus erreicht hatten, und der neuen Prequel-Trilogie. Durch Hayden Christensen wollte er die neuen Filme also auch optisch in das bereits bekannte Franchise integrieren. Anakin Skywalker bot sich dafür außerordentlich gut an, denn immerhin erzählen die Episoden I, II und III wie er von einem Jedi zu einem Sith werden konnte.

Der andere Erklärungsversuch will der Geschichte schon eher gerecht werden. Lucas gibt an, Anakin Skywalker wäre – metaphorisch gesprochen – gestorben, als er zu der dunklen Seite der Macht überlief und zu dem gefürchteten Darth Vader wurde. Anakin ließ sich von seinem späteren Meister, Palpatine/ Darth Sidious, zum Bösen verführen, indem er seinen (negativen) Emotionen nachgab. Man könnte hierfür durchaus die Bestätigung in Episode IV: Eine neue Hoffnung finden, da Obi-Wan dem jungen Luke dort erklärt, sein Vater sei im Kampf gegen die dunkle Seite der Macht und das Imperium gestorben. Erst später findet Luke bekanntlich heraus, wer genau sein Vater ist. Als Darth Vader dann schließlich in Episode VI seinen Sohn rettete und nicht nur metaphorisch starb, fand er gewissermaßen zurück zu der Person, die er war, bevor er der Dunkelheit erlag. Dass die Jedi-Geister von Yoda und Obi-Wan nicht nacheditiert wurden, ist in dieser Logik also ebenfalls kein Problem, da diese nie vom Bösen korrumpiert worden sind.

Photo by Tommy van Kessel on Unsplash

Für Anakins Erscheinungsbild heißt das gewissermaßen, dass all das Schlechte, das Grausame und Traumatische für ihn nie passiert ist. Niemand, der diesen Jedi-Geist sieht, könnte vermuten, dass es sich um den berüchtigten Darth Vader gehandelt hat. Für ihn (den Jedi) ist die Zeit dem Anschein nach stehen geblieben, bevor all das geschah. Er trägt keine Spuren des Alters, keine Narben davon – zumindest nicht körperlich. Wie es um seinen geistigen Zustand steht, wissen wir nicht. Kann sich der junge Geist überhaupt an all das erinnern? Daran wie er die Jedi auf Coruscant abgeschlachtet hat? Die Jünglinge? Wie er seinen Bruder Obi-Wan bekämpfte, nachdem dieser die Finsternis in ihm erkannt hatte?

Möglicherweise mag es so erscheinen, dass all das Leid niemals verursacht worden ist. Es ist ein Traum eines jeden Reuenden, die Taten, die man bedauert, ungeschehen zu machen. Aber all das ist geschehen, die Folgen kann man nicht ignorieren: Padme ist noch tot, die Jedi nahezu verschwunden und der Krieg hat in der ganzen Galaxis Spuren hinterlassen. Es ist geradezu zynisch, dass der Geist nun so dargestellt wird, als hätte Anakin all das nicht miterlebt und -verursacht.

Der sichtbar gealterte Anakin ist für mich daher ein deutlich nachhaltigeres Statement – und ein Inbegriff der Hoffnung und inneren Stärke. Es ist leicht, sich der Versuchung und den Emotionen hinzugeben, der dunklen Seite der Macht zu verfallen. Dabei hatte er doch alles, was er sich wünschen konnte: eine Frau, die ihn liebte (die er aber nicht hätte heiraten dürfen, aber Obi-Wan hat ihn dafür nicht verurteilt) und die schwanger war, einen Freund und Bruder, der ihm immer zur Seite stand. Und Macht. Der Wunsch nach mehr Macht war letztlich sein Schwachpunkt. Dennoch hat er mit sich gerungen, wollte nicht zum Bösewicht der Geschichte werden. Aber er konnte nicht widerstehen. Er war nicht stark genug dafür; lange stand er am Abgrund, doch letztlich sprang er hinein. Wie viel Kraft muss es ihn dann erst gekostet haben, nachdem er schon in die Untiefen der Dunkelheit vorgedrungen war, von dort wieder zurückzukehren? Für mich ist das die eigentliche Heldentat Anakins: Er rettet nicht nur Luke, sondern vernichtet den größten Feind des Friedens, der ganz zufällig auch noch sein Meister war, der ihm einst das Leben rettete, als Obi-Wan Anakin besiegt hatte. Ich würde sagen, in dem Moment, wo er sich wieder für das Gute entschied und sein Leben dafür hingab, ist er wieder zum Jedi geworden. Und er war nicht mehr derselbe, der er während Episode II gewesen ist, sondern stärker. Nur Sebastian Shaw’s Darstellung würdigt in meinen Augen diesen wahren Jedi-Ritter. Denn letztlich war Anakin Skywalker am Ende derjenige, der die Schreckensherrschaft des Imperiums beenden konnte, nicht Luke oder Obi-Wan oder die Rebellion. Es wurde der mächtigste Jedi, der schon die schlimmsten Dinge gesehen und getan hatte, doch das Licht wiederfand, um alle zu schützen. Die Zeit hat an ihm sehr wohl Spuren hinterlassen und diese sollte man auch sehen dürfen, denn sie zeigen wie sehr ein Mensch an sich wachsen kann. Es sollte nicht das Ziel sein, wieder zur ursprünglichen Unschuld zurückzukehren, das ist schlichtweg nicht möglich. Man kann nichts ungeschehen machen. Aber man kann daran arbeiten, seine Fehler zu überwinden und für das Richtige einzustehen. Und darauf sollte man stolz sein.

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