Spoiler-Alarm!
Dieser Artikel enthält Spoiler zu „Fluch der Karibik“.
Wer erwartet schon aus dem Mund eines Piraten – eines äußerst merkwürdigen noch dazu – Worte echter Weisheit? Doch wenn jemand immer wieder für eine Überraschung gut ist, dann ist das wohl Captain Jack Sparrow. Dem anfänglichen Vorwurf, der schlechteste Pirat, den man je gesehen hat zu sein, wird er wahrlich nicht gerecht. Vielmehr erweist er sich als der beste seiner Zunft, auch wenn oder gerade weil seine Art nicht der entspricht, die man eigentlich von einem Piraten erwarten würde.
Jack Sparrow ist eben nicht nur ruchlos, verwegen, von fraglicher Moral, etwas schmutzig und dem Rum verfallen – zugegeben das alles ist er auch – aber er ist auch klug und scharfzüngig (und etwas wahnsinnig). Außerdem hat er gewiss schon so einiges erlebt und so manche Schwierigkeit im Alleingang überwinden müssen. Das alles lässt hier und da seine Weisheit hervorscheinen, was seine Begleiter*innen mitunter ganz schön irritiert.
Einer der Menschen, die Jack des öfteren in erstaunte Verwirrung versetzt, ist Will Turner. Die beiden lernten sich zu Beginn des ersten Fluch-der-Karibik-Abenteuers kennen als Barbossa, der wohl jedem Vorurteil über Piraten entspricht, auf der Suche nach Azteken-Amuletten und dem Kind von „Stiefelriemen“ Bill Turner, dessen Blut er zum Lösen eines Fluchs benötigte, Elizabeth Swan entführt hat. Barbossa glaubte in ihr das gesuchte Kind gefunden zu haben.
Will, der seine geliebte Elizabeth retten will, sichert sich die Hilfe von Jack Sparrow, der seine eigenen Ziele verfolgt und schon längst herausgefunden hatte, dass in Wahrheit Will der Gesuchte ist. So kommt es, dass das ungleiche Duo, das einander nicht weiter traut als zwingend nötig, ein Schiff kapert und eine Crew anheuert, um Barbossas Verfolgung aufzunehmen. Beinahe an ihrem Ziel kommt es zu einer der Situationen, in denen Jack etwas Erstaunliches sagt:
Jack Sparrow: Weißt du, wo du so eine finstere Einstellung zu Piraten hast, bist du auf dem besten Weg einer zu werden. Du befreist einen Mann aus dem Gefängnis, kaperst ein Schiff der Flotte, segelst mit einer Piratenmeute aus Tortuga und du bist völlig besessen von einem Schatz.
Will und Jack auf der Jagd nach Barbossa und dem ein oder anderen Schatz
Will Turner: Das ist nicht wahr. Ich bin nicht besessen von einem Schatz.
Jack Sparrow: Nicht jeder Schatz besteht aus Silber und Gold, weißt du?
Mir geht es vor allem um den letzten Satz. Die Information ist nicht neu: Wertvolles muss nicht immer im materiellen Sinne gedacht werden. Aber wenn ausgerechnet ein Pirat das sagt – wo Pirat*innen doch legendäre Schatzsucher*innen sind – lohnt es sich vielleicht doch, noch einmal einen genaueren Blick auf die Weisheit darin zu werfen.
Denn Jack sagt nicht nur, dass ein Schatz auch abstrakt gedacht werden kann (oder auch nicht so abstrakt, denn „Schatz“ ist nicht ohne Grund ein beliebter Kosename), sondern er sagt auch, dass Menschen bereit sind, sehr viel zu riskieren, um ihn nicht zu verlieren. Kein Besitz, kein gesellschaftlicher Status, kein Vorurteil ist wichtiger als die gefundene Kostbarkeit. Und tatsächlich ist die Metapher des Schatzes so treffend, dass wir sogar in der Bibel wieder fündig werden:
Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn und grub ihn wieder ein. Und in seiner Freude ging er hin, verkaufte alles, was er besaß, und kaufte den Acker.
Mt 13,44
Auch Gott schickt uns also auf eine Schatzsuche, an deren Ende uns nicht Gold und Juwelen erwarten, sondern etwas unendlich viel wertvolleres. Erreichen wir das X am Ende unseres Weges, finden wir einen Reichtum, den wir uns gar nicht vorstellen können! Und das beste: Alles, was wir für die Suche brauchen, ist uns bereits gegeben. Wir brauchen nichts, außer uns selbst – und vielleicht sind wir erstaunt, was wir auf der Suche noch alles finden können…
22 Und er sagte zu seinen Jüngern: Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt! 31 Vielmehr sucht sein Reich; dann wird euch das andere dazugegeben. 32 Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben. 33 Verkauft euren Besitz und gebt Almosen! Macht euch Geldbeutel, die nicht alt werden! Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst! 34 Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.
Lk 12,22.31ff.