Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Du bist ganz genauso besonders wie jede*r andere in dieser Familie

Spoiler-Alarm!

Dieser Beitrag enthält Spoiler zu dem neuen Disney-Film „Encanto“ und leichte Spoiler zu Staffel 2 Folge 7 von „The Witcher“.

Was braucht es, um besonders zu sein? Mirabel Madrigal aus „Encanto“ wird tagtäglich mit dieser Frage konfrontiert, denn die „Besonderheiten“ derer, denen sie am nächsten steht, werden ihr ständig vor Augen geführt. Seit ihrer Abuela vor fünfzig Jahren ein Wunder geschenkt wurde – wie man sich vielleicht denken kann hat mich die Ausdrucksweise regelrecht in Euphorie versetzt, aber dazu vielleicht an anderer Stelle mehr – erhielt jedes Familienmitglied in einem bestimmten Alter eine Gabe. Und diese Gaben sind tatsächlich unglaublich: Mirabels Mutter Julieta erhielt die Kraft, Menschen zu heilen; ihre Tante Pepa vermag das Wetter zu kontrollieren; ihr Onkel Bruno kann die Zukunft sehen; Mirabels älteste Schwester Isabela kann Blumen ex nihilo wachsen lassen und so weiter. Eine Gabe ist großartiger als die nächste. Dass die Madrigals besonders sind, steht somit völlig außer Frage.

Kommen wir also zu Mirabel. In einer Familie voller magisch begabter Menschen ist sie die einzige, die keine Gabe erhalten hat. Diese Tatsache würde wahrscheinlich allein schon genügen, um einen Menschen zum*zur Zyniker*in werden zu lassen. Doch nicht sie. Mirabel ist eine gutherzige, fröhliche junge Frau, die ihre Familie mehr liebt als alles andere. Ihre Liebe ist weitaus größer als ihr Bedauern darüber, dass sie kein so außergewöhnliches Talent besitzt. Ich finde das mehr als beeindruckend.

Behält man dies im Hinterkopf, kommt es einem wie ein Verrat vor als ihre Abuela Mirabel vorwirft, sie würde nur Aufmerksamkeit heischen wollen, nachdem Mirabel ihr mitgeteilt hatte, dass die Magie zu schwinden droht.

Kommentarlos hatte Mirabel immer hingenommen, dass sie nie im Mittelpunkt stehen würde. Und dabei wünschen wir uns das doch eigentlich alle: Hervorzustechen. Doch sie hat sich selbst stets hintenangestellt und lediglich versucht, ihre Familie und das Wunder zu beschützen. Und nun, da alles, was sie kennt und liebt in Gefahr ist, wird sie nicht einmal ernst genommen…

In der Szene darauf kommt es schließlich zu einem Gespräch zwischen Mirabel und ihrer Mutter. Und sie sagt genau das richtige – und vielleicht gleichzeitig genau das falsche:

You’re just as special as anyone else in this family.

Julieta Madrigal

Wir alle brauchen jemanden wie Julieta. Jemanden der uns ab und zu vor Augen führt, dass wir keine übernatürlichen Kräfte brauchen, um besonders zu sein – denn das sind wir, mit völliger Gewissheit. Und doch… was nützt das Wissen, dass man besonders ist, wenn man es selbst kaum glauben kann? Oder sich andere uns gegenüber nicht entsprechend verhalten? Am Ende ist es eine Frage des Respekts dem*der anderen gegenüber. Jede Person hat ihre eigenen Charismen, ihre eigenen Gaben, das dürfen wir nicht vergessen. Und obwohl nicht ihre ganze Familie zu Anfang in Mirabel das sieht, was sie ist – das Herz der Familie, der hellste Stern von allen – so schafft sie es doch, ihren eigenen Wert aus sich heraus zu entdecken. Und am Ende erkennen es dann auch alle anderen.

Ich möchte hier noch kurz auf eine, wie ich finde, erstaunliche Parallelstelle hinweisen. Es geht dabei ebenfalls um eine junge Frau, die sich selbst noch nicht gefunden hat und von jemandem, dem sie nah steht, darauf hingewiesen wird, dass sie ihren Wert nicht erst unter Beweis stellen muss, sondern aus sich selbst heraus „genug“ ist. Dass sie etwas besonderes ist. Die Rede ist von Cirilla in der zweiten Staffel von „The Witcher“. Hier ist es Geralt von Riva, dessen Kind der Überraschung sie ist, der ihr dies vor Augen führt:

You are already enough, Cirilla. You are extraordinary.

Geralt von Riva in The Witcher (S02E07)

Eine kleine Randnotiz: Geralt zeigt, dass es nicht (nur) an den leiblichen Eltern ist, ihren Kindern zu zeigen, dass sie etwas besonderes sind. Jede*r von uns verdient eine Person im Leben, die uns daran erinnert, wer wir sind. Das können Familienmitglieder, Freund*innen und alle anderen sein, die uns umgeben. Und manchmal müssen wir daran denken, dass es auch wir sein könnten, die dies jemand anderem sagen sollten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert